Dem ziemlich reißerischen Titel folgt zunächst einmal Ernüchterung, denn es geht weder um Sparta, ja noch nicht einmal um Griechenland selbst. Im weitesten Sinne geht es um einen langen „Traum“ von mir und einem Vorhaben dass mit dem Ende des letzten Jahres zu kippen drohte.
Dieser vermeintliche „Traum“ oder besser Anreiz besteht daraus, dass mich die von Reebok unterstütze Veranstaltungsserie Spartan Race schon eine geraume Zeit begeistert und fasziniert, allerdings ohne jemals daran teilgenommen zu haben. Warum? Mangelnde Fitness, keine Zeit, Respekt und und und – die Gründe und vor allem Ausflüchte sind zahlreich; sowie ich um keine Ausrede zu faul. Schließlich handelt es sich hier nicht einfach nur um eine (reine) Laufveranstaltung, sondern eher um die Mutter aller Hindernisläufe. Dies bedeutet, über eine in der Länge variierende Strecke warten zahlreiche Hindernisse, die es allesamt in sich haben auf die Hobby- und Freizeit Spartaner. Vom vermeintlich simplen Mauern- oder Seilklettern, über Schlamm- und Eiswassergruben bis hin zu Stromschlagfeldern ist hier alles was (keinen) Spaß macht aufgefahren.
Versteht ihr langsam, warum ich es Jahr für Jahr vor mir herschiebe?
Im Herbst letzten Jahres fiel aber dann der Entschluss, im Jahr 2016 hat das Kneifen ein Ende. Ich werde laufend, krabbelnd, kletternd sowie vor Strom zitternd an einem dieser Spartaner Rennen teilnehmen. Basta. Ich habe lange mit mir gehadert, Heimspiel und Kurzdistanz beim Tourstop in München oder gleich voll auf die Zwölf und Superdistanz (d.h. reine Laufdistanz von >13 km) im Herbst in Kitzbühel? Wer mich kennt, weiß wahrscheinlich bereits jetzt schon, wie meine Entscheidung ausfiel. Richtig, Kitzbühel sollte es sein. Ab auf die Website, Formular ausgefüllt und Anmeldung-absenden-Button gedrückt – jetzt gilt es.
Tja und dann kam der Jahreswechsel, meine Schulter gab den Geist auf und ich war plötzlich raus. Raus aus dem Sport, raus aus dem Gedanken „bald fange ich mit den Vorbereitungen“ an, raus aus jeglichem Trainingslevel und mental sowieso ganz raus.
Nun denn; galt es dennoch den Kopf nicht (allzu sehr) hängen zu lassen und nach vorne zu blicken. Ich musste alles tun, um eine möglicherweise drohende Operation an der linken Schulter abzuwenden. Dass bedeutete Physio, Physio und nochmals Physio…
Seit Anfang diesen Jahres befinde ich mich daher samt meiner Schulter in der Obhut der Physiotherapie-Praxis am Altheimer Eck; genauer gesagt, in den Händen von Therapeutin Susan. Die nun seit 4 Monaten bravourös um, mit und gegen meine Schulter kämpft, alles gibt und auch mit dem Patienten selbst, so einiges mitmachen darf/muss. Dennoch hat sie sich obendrein bereit erklärt, hier ein paar Zeilen zu mir, meiner Schulter und dem bis dato zusammen erlebten Fortschritt bzw. Heilungsprozess zu schreiben.
Vorhang auf und ein herzliches Dankeschön!
Nach zahlreichen Arztbesuchen und diagnostischen Untersuchungen kam Rainer mit einer für ihn weniger erfreulichen Diagnose zu mir, Bankartläsion. Hierbei handelt es sich um eine Begleiterscheinung einer traumatischen Schulterluxation, einem Einriss der Gelenklippe am vorderen Pfannenrand des Schultergelenks. Diese ist in Kombination mit der Schultergelenkskapsel für die Stabilisierung des Gelenks zuständig. Über die Hälfte aller Schulterluxationen hat eine Sportverletzung zur Ursache, genau wie in seinem Fall.
Im Erstgespräch erzählte mir Rainer, dass er aufgrund der momentanen Situation in seiner Lebensqualität enorm eingeschränkt sei, weil Sport ein großer Teil seines Lebens darstellt. Er trainiert aktuell auf ein für ihn wichtiges Sportereignis im September hin, das Spartan-Race. Aus diesem Grund sei unmöglich sein Training zu unterbrechen und daher sein größtes Anliegen an mich, anhand kurzzeitig intensiver Physiotherapie schnellstmöglich wieder in Bestform zu kommen. Um das Ausmaß seiner Verletzung genau beurteilen zu können, folgten Funktionsuntersuchungen im Schultergelenk. Im Befund wurde eine sehr schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Abduktion (seitliche Armbewegung) auf Schulterhöhe deutlich, welche die Folge eines Schulterblattvorlaufs ist. In diesem Fall spricht man von einem gestörten Verhältnis des scapulothorakalen Rhythmus, was so viel bedeutet, wie das die Zentrierung des Schultergelenks gestört ist.
Aufgrund dieser Erkenntnis musste ich Rainer mitteilen, dass ab dem jetzigen Zeitpunkt Sportverbot angeordnet wird, weil die Schulterverletzung in der ersten Therapiephase ausreichend Ruhe benötigt, um nach der Mobilisierung mit Kräftigung und Stabilisierung fortfahren zu können. Gleichzeitig musste ich ihn vor vollendete Tatsachen stellen, dass seine Teilnahme am Spartan-Race mit dem aktuellen Zustand chancenlos sei.
Natürlich traf diese realistische Prognose Rainer wie ein Schlag ins Gesicht, aber als Physiotherapeutin ist es meine Verpflichtung weitere Risiken auszuschalten.
Die ersten Therapieeinheiten umfassten vorwiegend passive Maßnahmen, bei denen ich das Ziel verfolgte den erhöhten Muskeltonus zu regulieren. Da Rainer natürlich selbst am Geschehen teilnehmen wollte, um schnellstmöglich erste Fortschritte zu sehen, war er in dieser Phase häufig niedergeschlagen und konfrontierte mich stets mit ungeduldigen Fragen …
Wielang dauert es denn noch?
Hier passiert ja gar nichts.
Wann darf ich endlich wieder selbst etwas machen? Etc..
Meine Aufgabe war es, ihm kontinuierlich vor Augen zu führen, dass der Heilungsprozess viel Zeit braucht und er geduldiger werden muss. Es folgten manuelle Techniken sowie Mobilisationstechniken zur Verbesserung der Beweglichkeit im Schultergelenk. Zu meiner Zufriedenheit, hatte Rainers Schultergelenk die normale Schulterposition mittlerweile wieder erreicht. Dies mag vorerst sehr positiv klingen, aber nun war es an der Zeit die Zentrierung des Schultergelenks „selbstständig“ herbeizuführen.
Mit anderen Worten, sein Warten hatte ein Ende, jetzt durfte er aktiv teilnehmen am Geschehen. Seine Aufgabe war es, die Schulterblattkontrolle in jeder alltäglichen Situation zu beherrschen, weil dies die Voraussetzung für den weiteren Therapieverlauf ist. Anhand von Eigenübungen außerhalb der Therapiezeit konnte Rainer dies in kürzester Zeit sehr gut umsetzen. Somit waren die ersten Fortschritte seinerseits auch getan.
Die Freude war nicht von langer Dauer, weil ihn plötzlich Nervenausstrahlungen im linken Oberarm plagten. Nach einigen Nervenmobilisationen und dessen Engpassbeseitigung an den oberen Halswirbeln, konnten wir wieder auf die ersten Erfolge zurückgreifen.
Mit dem Hintergrund einen komplexen Bewegungsablauf mehrerer Muskeln zu erreichen, begannen wir im weiteren Therapieverlauf zunächst mit isometrischen Übungen in der geschlossenen Kette. Dazu gehörten vorwiegend Stützaktivitäten in verschiedensten Ausgangstellungen. Zu meinem eigenen Erstaunen konnte Rainer diese Übungen ebenfalls gut umsetzen. Da ein weiterer Fortschritt getan war, konnten wir uns allmählich dem dynamischen Training widmen. Hierbei verfolgte ich das Ziel, die Tiefensensibilisierung seines Schultergelenks zu verbessen. Aufgrund von freien Bewegungsübungen mit therapeutischen Hilfsmitteln (Theraband, Kleinhantel) konnte Rainer bestimmte Muskeln isoliert trainieren. Anhand eines Schulterzirkels mit Seitheben, Frontheben, Bicepscurl, Triceps-Kickback und Kleinhantel-Rudern erarbeitete er sich seine Schulterstabilität hart zurück.
Nun – wir schreiben den Monat April – kann ich auf die bisherige Therapie zurückblickend sagen, dass sich Rainer bemerkenswert seine jetzige Schulterstabilität zurück erkämpft hat. Wenn die Regeneration seiner Verletzung in diesem Ausmaß weiterhin Fortschritte macht, sehe ich mittlerweile eine Chance, dass er an dem von ihm geplanten Spartan-Race teilnehmen kann.
Wie ihr aus den Worten einer Fachfrau schließen könnt, war und ist das alles kein wirklicher Spaß; dennoch möchte ich den Fokus zurück auf den letzten Satz lenken. Was steht da? Das Wort „wenn“ sowie das Wort „Chance“ geben sich hier die Hand und genau auf solche kleine Lichtblicke setze ich.
Nachdem ich seit einigen Wochen das offizielle GO! habe, wieder laufen zu dürfen und wie eben in Susans Bericht gelesen, einige kleine Kräftigungsübung auch schon zu meinem Programm gehören, habe ich mir fest vorgenommen, wieder größer anzugreifen. Das bedeutet, in naher Zukunft wird – natürlich nur nach Absprache und mit erteilter Genehmigung – mit intensiverem Lauftraining, sowie mit spezifischem Krafttraining für Hindernisläufe begonnen.
Hierzu werde ich einen persönlichen Coach und Trainer heranziehen und dann sehen wir mal, was die Schulter dazu sagt, wie das Training voran schreitet und ob die Mission „This is Sparta“ eine machbare wird.
Frei nach dem Motto eines jeden Spartaner Rennens ”You will know at the finish line”
R
3 Gedanken zu “THIS IS SPARTA”