SQUAMISH HIKES

Aufgrund seiner perfekten Lage zwischen dem Ende des Howe Sounds und den Coast Mountains ist das kleine Örtchen Squamish in British Columbia schon lang kein unbeschriebenes Blatt mehr – zumindest in Sachen Outdoor, Sport und Abenteuer. Dass hierzu noch ein paar Fakten ala nur eine Fahrstunde entfernt von Vancouver oder im Winter die weltweit größte Seeadler-Dichte hinzukommen, die Squamish noch beliebter machen, ist das fast nur noch Randerscheinung.

Mit der Hauptanlaufstelle für alle Abenteuerlustigen bietet das Squamish Adventure Center eine nahezu perfekte Institution, egal ob klettern, kite-surfen, mountainbiken oder jegliche erdenkliche andere Sportart – hier bleibt keine Frage offen. Und falls doch, ist zumindest der integrierte Coffee-Shop samt Souvenir-Laden sehr zu empfehlen und ein tolles – aber wahrscheinlich niemals benötigtes – Trostpflaster. Wem jetzt aber der Aufwand des Adventure Center Besuchs um lediglich nach ein paar einfachen Wanderungen fragen, zu groß ist, dem sei hier im Artikel geholfen.

Es folgen 3 mehr oder minder einfache Touren, die ersten beiden erfordern neben gutem Schuhwerk und 2 Stunden Zeit keine weiteren Fähigkeiten; bei Tour Nr. 3 würde ich noch Trittsicherheit und ein wenig Kondition addieren.

 

BROHM LAKE

Verlässt man Squamish auf dem Highway 99 in nördlicher Richtung (>>Whistler) taucht ungefähr nach 7 km linker Hand der Parkplatz zum Brohm Lake Interpretive Forest auf. Blinker setzen, parken und schon kann es eigentlich losgehen. Achtung, aufgrund seines „Moorsee-ähnlichen“ Charakters ist der See in den Sommer Monaten ein äußerst beliebter Bade- Grill- und Abhängspot bei sowohl Touristen und Einheimischen – da kann das mit dem Parkplatz schon mal zum Glücksspiel mutieren. Wir starten entgegen des Uhrzeigersinns mit unserer Seeumrundung – letztendlich ist es aber egal, für welche Richtung man sich entscheidet. Der schmale Waldpfad steigt zunächst gemächlich an und hat dank einiger Wurzel und Felsen einen guten Unterhaltungswert. Einziger Wermutstropfen, die (noch) allgegenwärtigen Verkehrsgeräusche des Highways. Bald folgen diverse Holztreppen, die einen auf und abwärts – aber immer mit schönem Seeblick – am Ufer des Brohm Lakes entlangführen. Wir sind froh die normalen Sportschuhe gegen knöchelhohe Wanderschuhe getauscht zu haben, den am hinteren Seeende ist es zunehmend Geröll-lastiger.  Auf der mttlw. gegenüberliegenden Seeseite dahin wandernd dürften wir ungefähr (pi mal Daumen) die Seemitte erreicht haben, wir gilt es eine Entscheidung zu treffen, den ganz linken Weg um ratzfatz wieder beim Auto zu sein, den mittleren Weg um in einem schönen Bogen aber zunächst weg vom See zurück zum Auto zukehren oder den ganz rechten Weg um eine ausgedehnte Runde durch den Interpretive Forest zu machen. Unsere Wahl fällt auf die goldene Mitte. Zunächst bringen wir ein paar steile Höhenmeter hinteruns, halten uns dann links und finden uns inmitten eines verwunschenen Zauberwalds-Szenario wieder. Herrlich. Der Weg führt stets gemütlich am Hang durch den Wald – Verlaufen oder ähnliches nahezu unmöglich. Nach ca. 30 min. können wir allerdings schon wieder das Glitzern des Brohm Lakes erkennen, gelangen zum bekannten Fotomotiv – der (Mini-)Brücke über den See und sind damit auch leider wieder dem Autolärm ausgesetzt, der für die letzte Stunde eigentlich Geschichte war. Summa summarum sind wir nach ca. 2 Stunden ohne große Mühen und Hektik wieder am Auto. Ein toller Mix aus Spaziergang und Wanderung; gerade für den heutigen „Wetter-Mix-Tag“ (wir hatten Regen, Nebel und Sonne – oft auch zugleich) eine perfektes Häppchen Naturerlebnis.

 

FOUR LAKES TRAIL

Dass es bei dieser Wanderung insgesamt 4 Seen zu passieren gilt, dürfte auf der Hand liegen oder? Auch ist bei dieser Wanderung der zeitliche Aufwand ein wenig höher als bei der einfacheren Brohm Lake Tour zuvor. Das Beste allerdings, ihr seid eigentlich ab der ersten Minute der Tour alleine in the-middle-of-nowhere, nur am Ende kann es passieren, dass man plötzlich auf Menschenmassen trifft. In der kanadischen Rechnung steht dieses Wort übrigens für eine Anzahl von ca. 10 Personen. Aber zurück zu den Fakten, das Auto parkt ihr am Besten gegenüber der Schranke des Alice Lake Provincial Park Campgrounds, aber auch hier wieder ein Achtung, denn es gibt dort nur ungefähr 10 Parkplätze. Der Traileinstieg ist dann nicht zu übersehen und 13,5 Schritte später ist man vom kanadischen Unterholz verschluckt und allein im grünen Dickicht. Wer jetzt kurz zu dem Thema Bären abschweift, den kann ich nur allzu gut verstehen. Und ja es gilt sich immer wieder bewusst zu machen, dass man sich in „bear country“ bewegt und deshalb genügend vorsorgen bzw. auf sich aufmerksam machen sollte (Bärenglocke, sich unterhalten, ein Liedchen pfeifen etc.) – die Entschuldigung, dass es hier ja „nur“ Schwarzbären gäbe, ist dem Bären selbst meist egal.
Wann man sich dem kompletten Four Lakes Trail im Sinne eines Rundweges widmen will, sollte man sich übrigens in folgender Reihenfolge an den etwas irreführenden Schildern orientieren: Stump Lake, Fawn Lake, Edith Lake und letztendlich Alice Lake. Es gibt aber auch allerlei Abkürzungen oder gar weitere Abstecher zu erkunden! Ansonsten ist man nach ca. 2,5 Stunden inkl. ein wenig bergauf UND bergab durch den kompletten Durchschnitt der kanadischen Waldvegetation am „Ziel“ des Four Lakes Trail, dem Alice Lake – einem beliebten Badeplatz der Einheimischen im Sommer – angekommen. Je nach Jahreszeit heißt es nun, Kopfsprung ins Wasser, Schlittschuhe an oder eben einfach den See umrunden, Campingplatz bis zur Schranke durchqueren und siehe da, man steht wieder vor den 10 Parkplätzen, die unseren Ausgangspunkt markierten. Als Fazit lässt sich sagen, eine wunderschöne, leichte Wanderung mit ein wenig Höhenunterschied im absoluten Nichts (rein akustisch ist das etwas ganz anderes als der Brohm Lake). Eine herrliche all-about-Wald-Tour; auch bei schlechtem Wetter.

 

STAWAMUS CHIEF

Wer in BC in der Nähe von Vancouver, Squamish oder Whistler unterwegs ist, und die Felsformation des „Chiefs“ nicht auf seiner Bucket-List hat, dem gebührt ein Game-of-Thrones mässiger Walk-of-shame. Daher, ab mit dem Granitriesen von Squamish auf eure Liste! Zeitgleich ist genau diese Beliebtheit aber auch ein bisschen das „Problem“, denn allein ist man, egal welche Tour man wählt: First, second oder third Peak – oder gar eine Kombination aus allen dreien, einfach nie. Bei den Einheimischen, allen voran den FirstNations der Squamish People, hat der Berg eine hohe spirituelle Bedeutung und birgt obendrein einen netten Trainingseffekt. Für alle Touristen und Wanderer ist weniger die Anstrengung als der fantastische Blick auf/über den Howe Sound, die umliegenden Gipfel der Coast Mountains, sowie der Blick ins Hinterland der ausschlaggebende Grund für eine Besteigung. Und zu allem Überfluss haben natürlich auch die Kletterer die Vorzüge des zweitgrößten Granitmonolithen der Welt für sich entdeckt. Da heißt es früh – bzw. besser sogar noch früher – aufstehen, wenn man einigermaßen allein sein, aber viel wichtiger noch, überhaupt einen Parkplatz bekommen möchte. Von Selbigem starten wir dann auch relativ zeitig am Morgen und beschließen aufgrund des zweifelhaften Wetters nur einen „Quickie“ auf den ersten Gipfel zu machen. 3.5 Kilometer und 600hm, da lache ich ja… denk ich noch so vor mich hin, als ich realisiere, Moment mal, dass bedeutet ja, dass ich nahezu senkrecht den Berg nach oben muss. Wie soll dass denn gehen? Bereits nach der ersten Serpentine weiß ich die Antwort. Holztreppen. Soweit das Auge reicht. Und versteht mich jetzt nicht falsch, aber diese Tour, ist komplett fürn A….; also im Sinne des Trainings natürlich. Denn auch wenn man die ersten 200 Stufen schnell hinter sich lässt, warten immer und immer wieder weiter Stufeneinlagen, die den Puls und einen selbst zügig an Höhe gewinnen lassen. Dennoch, eine traumhafte Tour bis dato – auch wenn ich bereits klitschnass geschwitzt bin.
Im letzten Drittel – kurz nach der Eisenletter (ich liste diese nur zur Orientierung, nicht zur Abschreckung auf) – ist man dann bereits im Gipfelbereich angekommen und der Waldboden UND alle seine Treppenformationen weichen echtem supergriffigem Granit. An der ein oder anderen Schlüsselstelle sind einige Seil- und Kettenversicherungen angebracht, ob und wie man diese nützen möchte/muss bleibt jedem selbst überlassen. Wer seinen Bergschuhen vertraut und schon mal auf felsigem Untergrund unterwegs war, wird mglw. nur müde lächeln und sich an dem unfassbaren Grip des Granits erfreuen. Das Mädchen neben mir, Typ US-Cheerleaderin, in ihren FlipFlops-treffen-Espandrillos-Schuhen hingegen, quietscht als hinge sie und ihr Leben am Hillary Step unterhalb des Mount Everest Gipfels fest. Witzig anzusehen, wenn man selbst, einfach im aufrechten Gang an der Felswand nach oben spaziert. (aber keine Angst, auch sie hat es unbeschadet und letztendlich „fast“ problemlos geschafft)
Der anschließende Ausblick ist es dann allerdings, der einen wirklich fast von den Füßen reißt. Wow, so habe ich „meine zweite Heimat“ auch noch nie gesehen. Das ist ja von oben fast noch schöner als von unten. Apropos von unten, von dort und vom Horizont ziehen immer dichtere Wolken auf und es heißt recht zügig wieder Abschied nehmen und mit dem Abstieg zu beginnen. Denn was man auf gar keinen Fall möchte, ist sich bei Regen oder gar Gewitter auf dem ausgesetzten und kahlen Gipfel des Stawamus Chief zu befinden. In diesem Sinne, Ciao Aussicht, hallo Treppentraining!
Ein Fazit, ist denkbar einfach zu ziehen, eine Tour auf einen der 3 Gipfel (Achtung, der 2te soll angeblich der technisch schwerste sein) ist ein absolutes Muss. Aufgrund der Steilheit ist allerdings ein gewisses Maß an Kondition, Trittsicherheit und BITTE gutes Schuhwerk unablässig  Ach ja, und so ein Blick in die Wetter-App oder einfach in den Himmel schadet oftmals nicht. 

 

Und nicht vergessen: Not all those who wander are lost!

R.

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