REDE UND ANTWORT

Revelstoke. British Columbia. Ein herrlicher Tag. Endlich.
Sonnenschein, blauer Himmel und Temperaturen jenseits der 20° – perfektes Bergwetter. Rein in die Bergschuhe und ab in den Nationalpark von Revelstoke, namens Meadows-to-the-sky-Park. Die 8$ Dollar Eintritt beim Ranger abgedrückt und bereits gegen 9 Uhr auf dem Parkplatz aus dem Auto gesprungen.

Da Revelstoke relativ abseits und auf einer touristisch eher uninteressanten Reiseroute liegt, ist auf dem Parkplatz endlich mal nicht die Hölle los und ich muss mich nicht an diversen Outdoor-Sandalen-Touristen vorbeischlängeln um den Trailhead zu finden.

Mir geht es um den Trail zu den Jade Seen, eine Gehzeit von läpischen 4 Std. ein paar hundert Höhenmetern und um die 10km soll die Strecke betragen. Los gehts. Endlich mal wieder „into the wild“ und abseits vom Reisebus-Tourismus. Nach ca. 2 Std. herrlichster Wanderei, unfassbaren Ausblicken und schönstem Indian-Summer-Feeling, kommt mir kurz vor den Seen ein älterer Herr, der sich schnell aufgrund seiner Kleidung als Ranger entpuppt, entgegen.

Völlig entgeistert kuckt er an mir hinab und möchte mich von mir wissen, was zur Hölle ich denn hier treibe? Ich stutze, kucke anscheinend dämlich und antworte mit einem durchdachten und gewitztem: „Öhm….“ Von der generellen Einfachheit der Frage völlig übermannt. Aber als die Frage nach dem Befinden meines „griffbereiten“ Bärenspray und der Bärenglocke ertönt, dämmert es mir, was der gute Mann wohl mit seiner Eröffnungsfrage wollte. Ich entgegne ihm, dass ich Bärenspray nicht besitze und ich versuche ab und an durch pfeifen, ein paar lauten Ausrufen oder (so etwas ähnlichem wie) singen auf mich aufmerksam zu machen, so dass ich einen Bären wohl nicht überraschen und ihm somit nah genug für Bärenspray kommen, dürfte. Die Antwort stimmt ihn nur halbwegs milde, denn jetzt muss ich die Verhaltensregeln gegenüber Bären aufzählen. Selbige scheine ich wohl zu einem großen Teil richtig verinnerlicht zu haben, denn er hat nicht viel (oder essenzielles) hinzuzufügen. Dann aber kommt die Standpauke, weil ich keine „poles“ alias Wanderstöcke benutze. Im ersten Moment fand ich es ziemlich rührend, dass sich ein wildfremder Ranger um das Wohl meiner Knie sorgte, dann brachte er mich erneut aus dem Konzept, als er hinzufügte, wie willst du dich sonst gegen einen Cougar (Puma) verteidigen?

Die oberste Regel bei dem äußerst seltenen Fall eines direkten Kontaktes mit einem Puma lautet: If it attacks – always fight back. Diese Regel gebe ich auch direkt zum Besten und füge hinzu, dass ich mich dann eben bücken müsste, einen Ast oder Stein aufheben und selbigen nach dem Vieh schleudern würde etc. Ha, genau darauf würde das Tier doch nur warten, denn nur so hat es eine Chance gegen so etwas großes wie einen Menschen. Es muss an seinen Hals gelangen – bücken oder umdrehen und schon gehört man der Katz. Na danke. diese Ausführung hätte ich jetzt nicht gebraucht. Letztendlich auch egal, denn er lässt mich eh nicht mehr weitergehen und bringt mich quasi unter seinem persönlichen Geleitschutz zum Parkplatz, ja sogar bis zu meinem Auto zurück. Währenddessen haben wir wirklich nett über Grizzlies, deren Kot, die Gefahr die von „geilen“ männlichen Elchen und diversen Wolfsrudeln ausgeht, geplaudert.

Hikus interruptus; aber dennoch äußerst witziger und lehrreicher Live-Biologie-Tag.

Falls ihr euch mal in die Wildnis verirren solltet, beachtet – nebst dem Kauf von Bärenspray und -glocke bitte folgendes:
ALLE Bären sind gefährlich
– sei „laut“ d.h. mach beim Wandern Geräusche etc., in der Hauptsache mag ein Bär nicht überrascht werden
– achte auf Pfotenabdrücke, Kot- und Baumkratzspuren; je nach Frische, solltet ihr wissen, was das bedeutet…

– trifft man auf einen Bären mit genügend Abstand, „rede mit ihm“ in normaler freundlicher Stimme, das sollte dich als Mensch identifizieren und nicht als Eindringling; bewege dich dennoch langsam aber stetig weg von Meister Petz
– Schwarzbären haben „Respekt“ vor allem was größer ist als sie selbst, deshalb gilt, sollte der Bär wieder Erwarten doch größeres Interesse an dir haben: mach dich groß, Arme in die Luft, Rucksack über den Kopf heben etc. 
– im schlimmsten Fall gilt aber auch beim Schwarzbär, der als Schisser unter den Bären verschrien ist, FIGHT BACK
– das ALLES darf man so auf KEINEN Fall verwechseln und bei einem Grizzly anwenden
– Geräusche unbedingt
– Reden und sich zügig entfernen ebenfalls unbedingt; nur wirklich „reden“, denn Lautstärke gilt bei Grizzlies als Kraftmeierei und Herausforderung
– und sollte es zum worst case mit einem Grizzly kommen: NICHT laufen, man hätte keine Chance, NICHT kämpfen, man hätte noch weniger Chance – HINLEGEN UND TOTSTELLEN ist die tatsächliche Lösung

Mein persönlicher Lieblingstipp zum Thema Bären ist hier auf jedem Schild übrigens auf Platz eins aufgeführt und ist so selten dämlich, dass er mich jedesmal wieder zum Schmunzeln bringt:

IF YOU SEE A BEAR DO NOT FEED HIM.

Bärige Grüße
R

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