In diesem Jahr ist es echt kein Leichtes mit dem Wetter, es regnet und regnet und regnet… Zwar nicht in Strömen und konstant, dennoch viel genug, dass wir bike-technisch viel improvisieren, abwarten und oder gar Touren vertagen müssen. Von einem Bikepark-Besuch mal ganz abgesehen – denn wer lässt sich schon freiwillig bei einer Sesselliftfahrt 10 min. „giessen“?
Gut, dass wir aus purer Langeweile deshalb mehrfach über den Tag verteilt „Ausflüge“ in den Supermarkt, den Liquor Store und diverse Coffee-Shops unternommen haben. Denn just in einem der unzähligen Kaffee-Stops schnappten wir folgenden Satz einer Unterhaltung zweier Locals am Nebentisch auf: „…typisch, über Whistler hängen die Wolken in den Coast-Mountains und es regnet, während in Pemberton die Sonne scheint…“
Moment mal, Pemberton war von Whistler aus gerade mal 30 km entfernt, und dort sollte es nicht regnen? Ja sogar die Sonne scheinen? Wir exten den restlichen Kaffee, nahmen die Beine in die Hand und sprinteten durch den Regen nach Hause. Bikes und Stuff ins Auto. Abfahrt.
Tja, was soll man sagen, always trust the locals – daher bekamen die folgenden Tage nun einen etwas anderen Ablauf, denn nach dem obligatorischen morgendlichen Blick aus dem Fenster (Regen; is klar oder?) sanken die Mundwinkel nicht nach unten, nein, es folgte ein Achselzucken samt Lächeln und dem Ausruf: Pemberton, again and again.
Vielleicht sollte man kurz anmerken, dass das Wetter in Pemberton jetzt keine wirkliche 180° Wendung darstellte und dort noch Hochsommer war, dennoch war es zumeist trocken, ein paar Grad wärmer und Petrus lieferte einfach insgesamt beständigeres Wetter. Unglaublich, was 30 min. Fahrtzeit ins „Landesinnere“ bzw. weg von den Coast Mountains für den MTB-diktierten Tagesablauf bedeuten können.
Aber kommen wir nun zum eigentlichen Kern der Sache, es folgen drei Trail-Empfehlungen die ihr unbedingt fahren MÜSST – im Gegensatz zu den Whistler Trails, die einen ungefähren Überblick über die Thematik „Biken in Kanada“ geben, setze ich hier Fahrkönnen voraus und ich wiederhole mich: Diese. Trails. Müsst. Ihr. Fahren.
MISSION IMPOSSIBLE 1, 2 & 3
Beginnen wir „einfach“; und nein keine Angst, diese 3 Trails zähle ich als ein „Gesamt-Trail“-Erlebnis. Der Start- und Ausgangspunkt, der Parkplatz am Mac Kenzie FSR, ist easy zu finden und eigentlich Dreh- und Angelpunkt des Pemberton-Trail-Netzwerkes. Nahezu jeder Uphill zu den diversen (und vor allem zahlreichen) Trailheads startet von hier; was die oft vielfältige Anzahl an Autos rechtfertigt. Von hier geht es gemächlich die FSR nach oben – und schon nach wenigen Minuten passiert man linker Hand den Einstieg zu MI3; wir lassen Einstieg Einstieg sein und pedalieren weiter – an der ersten offensichtlichen Wegkreuzung halten wir uns rechts hinauf zum Radio-Tower. Auch wenn die andere Forststraße bedeutend einladender aussieht – beißt/schiebt euch durch die Steigung und das Geröll; denn das bereits sichtbare Ende des Hügels ist auch tatsächlich schon unser Uphill-Finale. Zeitaufwand 30 min. – fair enough.
Wir rollen ein paar Meter auf dem blauen „Radio Tower“-Trail und biegen dann direkt auf „Mission Impossible 1“ ab. Lasst die Rockslab-Festspiele beginnen, von steil und sketchy bis flowig, spaßig und sogar schnell ist hier alles dabei. Wer genügend Mumm hat, kriegt sogar hier und da ein bisschen Luft unter die Reifen. Ein paar Kurven später heißt es dann auch schon „riders hard right“ und wir schießen in „Moose Jaw“ – ein eher waldbodenlastiger Trail, der sich mit Highspeed am Hang entlang zieht. Die Bäume rauschen an einem vorbei und die ein oder andere Stelle laden zum kurz abziehen ein. Eine Art Schlüsselstelle ist, wenn der Trail ein wenig nach riders left abknickt und man sich der Hangneigung samt einigen Felsstufen stellen muss – nur wenn der Fuß auf dem Pedal bleibt, zählt es als sauber gefahren.
Danach rollt man von „Moose Jaw“ direkt in „MI 2“, hat noch ein paar gemütliche Waldboden-Kurven und steht dann bereits im nächsten Rockslab Gewirr. Hier ist zum Einen ein bisschen Orientierung nötig, zum Anderen auch ein gewisses Maß an Pfadfinder-Denke erforderlich, denn eine wirklich offensichtliche (fahrbare) Linie zieht sich eher nicht über all diese Brocken. Eins vorweg, die „offizielle“ Umfahrung der Felsproblematik befindet sich auf der äußersten rechten Seite – aber die hat es ebenfalls in sich. Wir haben uns mehrfach mit den diversesten Abfahrmöglichkeiten beschäftigt, wirklicher Flow und ein optimaler Lösungsweg ergab sich aber nicht. Wir fuhren, bremsten, schilderten, taumelten, nahmen den Fuß raus, fielen und schoben/trugen wieder hoch. Mehrfach. Dennoch ohne wirklichen Linien-Erfolg. Dennoch sehr sehr spaßige Denk- und Fahrsportaufgabe.
Der letzte Abschnitt aka „MI 3“ ist dann eigentlich Spaß pur und stellt nur an zwei Stellen ein „Problem“ dar/bereit. Nummer eins wartet wenige Meter nach dem Trail-Markierungsschild, hier kann man über den ganzen Rockslab nach hinten rollen und sich einer der beide Abfahrten an nehmen. (Ps.: ganz rechts: gähn, links daneben: yeah)
Wem besagtes yeah nicht genug ist, der kann auf ungefähr Höhe der Mitte des Felsens – riders left – eine sehr steile Steilabfahrt wählen, ein echtes Schmankerl mit Moos, gerne etwas grundfeucht und mit schöner Stufe in mitten der Abfahrt. Sarkasmus aus. Wir haben verweigert. Das zweite wie oben betitelte Problem wartet an der Ausfahrt des Trails; allerdings hat man zwei (Re-)Aktionsmöglichkeiten. Die eine beruht auf der Tatsache, dass man aufgrund des Trails mit Mach1 andonnert, und die sich plötzlich vor einem auftuende recht hässlich aussehende ca. 5m lange Felsrinne zu spät sieht, und einfach panisch den Hintern hinter den Sattel bringt – zack durchgerollt, Puls 180 und lauter Jubel. Oder man es eben noch rechtzeitig gebremst bekommt um sich dann je nach Können, zaghaft nach unten zu bremsen, oder einfach das Über- bzw. ein Ungleichgewicht bekommt und die paar Meter den Hang hinunterpurzelt. Alle Varianten wurden selbstverständlich persönlich überprüft, getestet und als unterschiedlich gut und praktikabel befunden.
CREAM PUFF
Gleicher Ausgangspunkt, gleiche Auffahrt – das spart schon mal ein bisschen langweiliges Intro-Geplänkel. Einzige Abweichung, leider hat man es hier mit dem Uphill zum „Radio Tower“ noch nicht ganz geschafft, man folgt der Forststraße (Linda Road) bis hinab – richtig gelesen – zum Mosquito Lake. Selbigen umrundet man fast zur Hälfte, um dann direkt nach der Ausfahrt von „Freak Boy“ (aufgrund des massiven Holzkickers am Trail-Ende nicht zu übersehen; Ps.: Freak Boy selbst ist „okay“ aber kein must-ride) nochmal einer Forststraße hangaufwärts zu folgen. Achtung: das zieht sich ein wenig; sobald man aber das blaue Trail Schild „Econoline“ sieht, biegen wir ab und wissen, gleich gehts los. Von der Econoline gehts dann recht unscheinbar – riders left – auch schon zum langersehnten Einstieg in die Trail-Legende Cream Puff. (Wer in Pemberton biken war und Cream Puff nicht gefahren ist, der war nicht biken in Pemberton) Der schwarz klassifizierte Trail macht nach ein paar milden Kurven seinem Namen auch gleich alle Ehre, eine wirklich ausgefahrene und – sorry – brems-zerbombte Abfahrt zeigt einem direkt mal die Zähne. Kleiner Tipp: nehmt die Umfahrung auf der linken Seite. Das ist a) keine Schande und b) wieso sollte man mit blockierenden Reifen noch mehr Gelände kaputt bremsen?
Danach kann man es wieder ein paar Meter laufen lassen, bis es endlich losgeht – Rockslabs über Rockslabs warten auf ganz Cream Puff auf ihre Befahrer. Jede Abfahrt bietet unterschiedliche Optionen sich der jeweilige Herausforderung zu stellen, aus anfänglichem easy runterrollen, wird bald zu „lass mal kucken ob das Ding hier auch geht“-Experimenten übergegangen. Mit jedem Rockslab wächst das Vertrauen in den Fels und in den unsäglichen Grip den wir Europäer vom heimische Fels einfach nicht gewohnt sind. Zwischendurch warten immer wieder großartige Ausblicke auf den Mount Currie gegenüber und diverse Fotospots auf einen. Im unteren Teil von Cream Puff werden die Felsabfahrten dann wilder, gerade weil hier gerne mal Moos und/oder feuchte Tannennadeln und Wurzeln in den schattigen Ausläufern der Felsen liegen. Daher: Cream Puff ist ein absoluter No-Go-Trail bei Nässe/Regen oder Ähnlichem!
Ein guter Tipp, der uns leider zu spät erreichte: im letzten Drittel gilt es Ausschau nach Fahrtrichtung links zu halten, denn dort geht der eigentliche Trail Cream Puff weiter und nicht auf der vermeintlichen Hauptfahrspur – welcher wir natürlich folgen… Das dicke Ende in Form einer Rockslab-Kombination die mindestens Brett Tippie Skills erfordert, gibt uns ein absolutes Rätsel auf. Ich lege mich fest, das kann man nicht fahren. Niemand. Und selbst wenn, die Absturzgefahr ist hier so groß, dass man es einfach null komma nicht versuchen sollte. Wir schultern die Bikes und klettern ca. 20 Höhenmeter an den Felsen hinab, danach rollt man noch ein paar Kurven durch den Wald und erreicht das Trailende an den Bahngleisen (Blick- und Fahrtrichtung Pemberton befindet sich unser Ausgangspunkt; der Mac Kenzie FSR Parkplatz).
FAZIT: ein unfassbar guter Trail, bei dem wir oftmals quietschend vor Freude gleich wieder Teilstücke nach oben geschoben haben, nur um diese direkt nochmal fahren zu können. Einziger Wermutstropfen war unsere finale Kletterpartie am Trailende; wie wir aber Tage später lernen sollten, war das unsere eigene Schuld, denn: Augen auf und rechtzeitig links abbiegen hätte uns geholfen und obendrein 15 Trail-Minuten mehr spendiert.
Uns blieb daher nur noch dem Namen des Trails auf den Grund zu gehen, also ab zur Pemberton Brewing Company und ein dunkles Bier, ein so genanntes Cream Puff, bestellt. Yummy.
FAT TUG
Nicht nur, dass wir Matty einen der besten Wandertage in BC zu verdanken haben – siehe hier – sondern ganz nebenbei lies er auch noch den Namen des „vermeintlich besten MTB-Trails in der Umgebung fallen“. Der Name lautete Fat Tug. Hier wurden wir natürlich hellhörig und quetschen den freundlichen Kanadier nach allen Details aus; und wieder ein Learning: null komma keine Localism-Ambitionen bei Matty, ganz im Gegenteil gab er uns breitwillig alle benötigten Auskünfte und Information. Von der zentrale Frage, wo parken bis hin zu nahezu jedem Feature auf dem Trail. Matty knows best.
Die Parkplatz-Frage ist hier tatsächlich relativ entscheidend, denn der Einsteig zu Fat Tug findet sich nicht im Mac Kenzie Trail-Netzwerk sondern liegt mitten im Neubaugebiet von Pemby. Am besten parkt ihr am Ende der Fernwood Street (Achtung: Sackgasse!) – von dort geht auch die gefühlt senkrechte Forststrasse nach oben. Herzlichen Glückwunsch, ihr befindet euch auf der kräftezerrenden und anhaltenden Uphill-Passage zu einem der besten Trails überhaupt; egal was kommt: haltet durch; es wird belohnt. Ihr passiert Wassertanks, einen sich gerade in Bau befindenden neuen Trail (Ps.: der erste Hit ist nicht gesperrt und geht schon ziemlich gut) und schließlich eine Art Wendeplatz, das ist euer Stichwort, denn ab da haltet ihr euch auf einem klitzekleinen Pfad noch weiter bergauf und folgt nicht mehr der Forststraße. Dieser kleine Pfad hat es definitiv in sich; Haarnadelkurven, Wurzelteppiche und zum Teil gut steil windet er sich schier unendlich in die Höhe. Wir schieben die meiste Zeit nach oben, während wir von zwei locker pedalierenden Locals überholt werden; öh, aha, man kann das fahren?
Mehrfache Stoßgebete werden irgendwann erhört und wir befinden uns in der finalen Etappe unseres Schiebe-Marathons, erkennbar daran, dass wir plötzlich mitten auf Fat Tug stehen. Auch wenn es reizvoll ist, direkt los zu rollen – der kleine Felsdrop ist aber auch lecker – lasst euch raten, fahrt (ja man kann hier wieder treten) noch den Loop bis zum Trailhead hoch. Oben angekommen – wir sehen beide aus wie frisch geduscht, leider sind wir nur klitschnass geschwitzt – heißt es Helm und Bremsen auf. Allein die ersten Meter lassen alle Bergauf-Quälerei vergessen, ein satter handgeschaufelter Anlieger spuckt dich in einen kleinen Stepdown-Kicker, gefolgt von einigen weiteren Hüpfern bis wir über den gerade inspizierten Fels-Drop segeln… Ach ist das herrlich! Danach wird der Trail technischer und enger; plötzlich gibt es für Thilo kein Halten mehr, in schönster EWS-Manier (Anm. d. PJ.: Enduro World Series) fliegt Thilo – für den Rest des Urlaubs übrigens EWS-Thilo – durch den Trail. Einholen, geschweige denn den gleichen Speed halten? Fehlanzeige. Ich höre es nur weit vor mir „Ja!Mann!“ durch den Mischwald schallen. Ich grinse und versuche verzweifelt mitzuhalten; wie gesagt: Fehlanzeige. Kurz vor dem großen Finale hatte Thilo scheinbar Mitleid mit mir, oder seinem Körper und legte eine Pause ein, so dass ich endlich aufschließen konnte. Ein schier unmenschliches Lachen in unser beider Gesichter, ein ungläubiges Kopfschütteln und ein Fistbump, der uns beiden beinahe die Finger bricht, ist das wortlose Fazit zu den ersten beiden Dritteln des Trails. Dann nutze ich die Chance, springe vor Thilo aufs Bike und strample los – Farne, Bäume und Felsen fliegen an mir vorbei, während ich alles gebe, um EWS-Thilo zu entwischen. Plötzlich taucht aus heiterem Himmel hinter einer Kurve ein Gap-Kicker (Anm. d. PJ.: zwischen Absprung und Landung ist ein „Loch“) auf, ich reiße den Lenker herum und weiche aus – ich springe „eigentlich“ nichts, was ich zuvor nicht in Ruhe begutachtet habe – nur, um auf den nächsten Gap-Kicker zu zu rasen, für ausweichen und bremsen ist es zu spät… ich reiße am Lenker, springe ab, (kucke wahrscheinlich recht doof) und lande butterweich in der perfekten Landung. Ich bremse – ich hasse Gap-Sprünge und verweigere diese nahezu konstant, doch was hier gerade passiert ist, war eine arg geniale Mischung aus Mini-Schock, Mini-Jump und Maxi-wow-wie-cool-war-dass-denn-Gefühl. Machen wir es kurz, im letzten Drittel des Trails wird es etwas sprunglastig – wie gesagt, es handelt sich zwar fast ausschließlich um Gap-Jumps…in allerdings zugegebenermaßen moderaten Distanzen. Eine Serie von 4 aufeinander folgenden Hüpfern hat es uns dann angetan, fahren, hochschieben, fahren, hochschieben usw. usf. Bis wir schließlich völlig abgekämpft den Trail komplett zum Ende durchrollen und uns beide einig sind: was ein Kampf nach oben, gefolgt von einem der besten Trails ever.
FAZIT: EWS-Thilo war happy (Ps.: dazu muss man wissen, dass er beinahe am Tag zuvor noch auf dem Trail „Hawaii 5.0“ bereit war sein Rad zu verkau…. ach was, zu verschenken; aber not every story has to be told…), ich war ebenso happy und Fat Tug ist einfach ein unglaubliches Trail-Erlebnis. Und wieder einmal: Danke Matty! Ach ja, was macht man in Pemberton am Besten nach so einem Erlebnis? Richtig, ab in die Brewery, dort folgte auf ein kurzzeitiges langes Gesicht, eine neue große Liebe. Fat Tug – richtig, ebenfalls wie Cream Puff eine hiesige Biersorte – war aus, deshalb ließen wir uns überzeugen und nahmen zwei große „Blueberry Sour“. Klingt schlimm? Ist aber so ungefähr das Beste, was ich jemals getrunken habe…
Wenn ich bis dato äußerte, BC zu lieben; weiß ich nicht, wie ich meine Gefühle für Pemberton, die dort ansässigen Trails und dem „Blueberry Sour“ beschreiben soll…
Pemby is alltime.
R.