BEHIND THE SCENES

August, 2016, mein Telefon klingelt. Nach einem kurzen Fingerwisch nach rechts vernehme ich die Stimme von Johannes „Hast du in 14 Tagen Zeit? Ich hätte dich gerne bei unserem Shooting dabei. Das wird super.“ Ich bin verdutzt, überrumpelt und weiß nicht so recht wie mir geschieht, dennoch höre ich meine Lippen die Worte „Klar, bin dabei“ formen. Wir verabschieden uns und ich lege auf. Was war denn das bitte; und überhaupt, so viele offene W-Fragen.

In den kommenden Tagen lösen sich dann ein paar Fragezeichen in Luft auf. Johannes war auf der Suche nach einem passenden (bärtigen) Outdoor-Typen – ich vermeide bewusst das Wort Model – für das anstehende Pally’Hi Shooting der Frühjahrs-/Sommer-Kollektion 2017. Da sich meine Zusammenarbeit mit Pally’Hi in der letzten Zeit sehr intensiviert hatte, und ich von einem simplen „Blogger-X-testet-Material“-Typ zu einer Art „Freund-des-Hauses“ und (inoffizieller) Brand Ambassador aufgestiegen bin, war es für Johannes völlig klar, dass seine Wahl auf mich treffen würde. Ich bin immer noch perplex, freue mich aber dennoch riesig – auch wenn ich bei dem Gedanken an das Shooting so einige Zweifel habe. Aber ich beruhige mich, Outdoor kann ich einigermaßen – ist ja kein Laufsteg.

August 2016, 3.15 Uhr, mein Wecker reißt mich aus dem Tiefschlaf. Der erste Gedanke: so ein Model-Leben habe ich mir anders vorgestellt… Ich muss lachen und stehe auf. Nach einer kurzen Dusche sieht die Welt schon anders aus. Johannes wartet bereits vor der Tür, mit Brezen und Kaffee bewaffnet – aah Catering läuft also. Wir fahren los, unser erstes Ziel ist der Bauernhof eines Freundes, denn dort steht der heimliche Star des heutigen Shootings. Ein gut behüteter, auf Hochglanz polierter giftgrüner Audi 80 aus dem Jahre 1977, wartet in der Scheune auf einen seiner seltenen Ausflüge. Wir teilen uns auf, Johannes darf hinter das Steuer des „Oldtimers“ – ganz klar Chefsache – und ich steuere seinen Wagen durch die Nacht zu Zwischenstopp Nr. 2. An einer Tankstelle treffen wir auf Hansi Heckmair – dem Fotografen des heutigen Tages. An seiner Seite, das weibliche Model Mary; eine Art zierlicher Counterpart zu mir.

Jetzt macht auch das frühe Aufstehen und der mehr als zeitige Treffpunkt unserer kleinen Crew langsam Sinn, plante Hansi doch den Sonnenaufgang über dem Sylvensteinspeicher als Kulisse für unseren heutigen Motto-Tag „Roadtrip in Bayern“ zu nutzen. Für solch ein exklusives Vorhaben muss man nun mal der frühe Wurm sein.

Aus finsterer Nacht ist mittlerweile schon ein leicht gräuliches Lichtverhältnis mit morgendlichem Dunst über dem See geworden, und der exakte Ort des gleich folgenden Sonnenaufgangs ist bereits deutlich zu erkennen. Hansi gibt das Zeichen, rein in den ersten Schwung Klamotten und in Position bringen. Ein Glück, dass wir hier sind, um Merino-Bekleidung zu fotografieren, denn man macht sich keinen Begriff, wie „frisch“ es an einem August-Morgen in Bayern so sein kann. Mary hüllt sich nach jedem betätigten Auslöser schnell in eine riesige Decke – Verständnis und Neid halten sich bei mir die Waage.

Letzen Endes wird uns aber dann doch schnell warm, denn T-Shirt eins aus, Longsleeve zwei an, dazu bitte in diese und jene Short sowie die Mütze abnehmen – Knips – jetzt anders T-Shirt, zurück in die Jeans, Mütze auf – Knips – T-Shirt Nr. 11 an usw. usf. lassen das Ganze auf einmal doch wie (echte) Arbeit wirken. Nicht auszumalen, was das im wirklichen Model-Business für einen Streß bedeutet, wenn man sich von Kleid zu Kleid vorarbeiten und ständig gegen den Zeitdruck der Lichtverhältnisse kämpfen muss.

Als das herrliche Morgenlicht für unsere (Mini-)Roadtrip Fotos bestens ausgenutzt war, begannen wir mit dem Knipsen von „Füllmaterial“, um zum einen mehr Content zu generieren und zum anderen die Zeit bis zum wirklich blauen Sommertagshimmel zu überbrücken. Jetzt wurde der Audi 80 genauso über die Brücke gejagt, wie Mary und ich – Hansi hatte sogar noch ein paar Ideen für eher waghalsige und „don’t try this at home“ Fotos. War aber alles kein Problem und Spaß hatten wir daran eh.

Mittlerweile war der Himmel strahlend blau und die Sonne brannte unbarmherzig auf uns herab. Jetzt musste es schnell gehen, zumal Hansi befürchtete, dass das Licht bald zu hell werden würde, um noch einen schönen Effekt erzielen zu können. Obendrein trieb uns die prahle Sonne bereits die eine oder andere Schweißperle auf die Stirn und da wir ganz hands-on ohne „Maske“ unterwegs waren, galt es die nächste Stunde so produktiv wie nur möglich zu gestalten.

Zügig machten wir uns an die Arbeit einige Ufer- und Camping-Szenen in den Kasten zu bekommen; hierbei entstanden dann auch direkt meine beiden Lieblingsmomente des ganzen Tages.

Moment Nr. 1 lief ungefähr wie folgt ab:

Mary und ich lümmelten vor dem kurzerhand aufgebauten Camping-Zelt, als Hansi meinte: „Seht einander bitte mal verliebt an“. Ich stutze und denke mir direkt: ich soll was? Hilfesuchend sehe ich zu Mary und blicke in ein Gesicht, dass mich bereits professionell anhimmelt, als gäbe es keinen Morgen mehr. Wäre Mary nicht bereits verheiratet, hätte ich es ihr direkt – wenn auch etwas verlegen – abgenommen. Unglaublich, so geht dieses „kucken“ auf Knopfdruck also. Ich versuche es auch. Hansis Stimme gibt meinem Zweifel recht, dass ich so etwas wohl nicht kann. Ich versuche angestrengt noch mehrmals so zu kucken, wie ich glaube, dass ich kucken würde, wäre ich denn verliebt und würde kucken. Drei Grimassen später, bricht Mary lachend zusammen. Ich denke ich lasse es. Da müssen wir jetzt ohne verliebte Blicke durch.

 

Moment Nr. 2 lief ähnlich, aber nicht genauso ab:

„Nimm doch mal die Axt in die eine Hand und den Holzscheit in die andere“ höre ich Hansi sagen. Ich tat wie mir geheißen. Knips. Dreh dich. Knips. Knie dich hin. Knips. Weitere Motive folgen, allein an Hansis Kamerahaltung ist zu erkennen, der Star im Bild ist die Axt und die Pally’Hi Jogginghose – mehr kann unmöglich zu sehen sein. Mein Verdacht bestätigt sich, als Hansi meint, dass wir noch ein Foto im Holzfäller-Style machen sollten – sprich mein Kopf (Bart) darf mit aufs Bild. Zwischen einigen Positionsanweisungen vernehme ich Hansis Wunsch „Kuck mal wie ein echter Holzfäller“. Ich gehorche. Ein „Oh mein Gott, wie ein Holzfäller, nicht wie ein Axtmörder“ zerstört meinen Traum vom Zoolander-Dasein. Ich und mein Gesicht, wir können einfach nicht auf Kommando.

 

Nach einigen weiteren Fotos, fällt dann schließlich Hansis Urteil, die Sonne ist nun zu gleißend hell und der Arbeitstag wäre hiermit zu Ende. Wir bauen ab, räumen alles auf, sammeln den fabrizierten Müll ein und verladen alle Utensilien in unsere Autos – welch ein Tag. Der kleinste Roadtrip aller Zeiten endet mit einem Dienstschluss um 10:18 Uhr, schon finde ich das Model-Leben wieder äußerst reizvoll – erinnere mich aber sofort wieder an die Aufstehzeit und stelle fest, so viel kürzer war dieser außergewöhnliche Arbeits- zum normalen Alltag jetzt auch nicht.

Eigentlich waren aber alle Widrigkeiten dieses Tages nur minimale Kleinigkeiten, denn ich, und ich glaube alle anderen Beteiligten auch, hatten riesigen Spaß, obendrein haben wir als Team sehr effizient funktioniert und somit den Morgen in herrlicher Umgebung bestens genutzt. Und Hand aufs Herz, wann steht man sonst schon mal unter der Woche freiwillig für einen „simplen“ Sonnenaufgang auf?

Danke an alle Beteiligten, allen voran Pally’Hi für die geniale Unterstützung und Integration meinerseits, aber auch Hansi für sein geduldiges Knipsen, sowie Mary für ihre Bemühungen, mich nicht wie ein fehlplatzierter Fremdkörper vor der Kamera wirken zu lassen.

Und jetzt rüber mit euch zur Pally’Hi Website, auf der ihr nicht nur weitere Bilder sondern viel wichtiger auch eure neuen Sommer bzw. Alljahres-Outfits findet.

R. 

 

Alle Fotos sind Eigentum von Hansi Heckmair & Pally’Hi.