Wer sich in Whistler und Umgebung aufhält, wird in 95% der Fälle in Vancouver gelandet oder zumindest über den Trans Canada Highway Nr. 1 direkt an bzw. durch Vancouver (vorbei)gefahren sein. Schande über all diejenigen, die keinen Stop im San Francisco Kanadas eingelegt haben, oder zumindest ihre wahrscheinlich anstehende Rundreise mit ein paar Tagen Aufenthalt in Van-City hinausgezögert haben.
Da ich diesmal direkt nach der Landung zum Mietwagen-Verleih meines Vertrauens und nach Erhalt meines Autos sofort nach Whistler gestochen bin, war es mehr als an der Zeit, den obligatorischen Großstadtbesuch, nachzuholen. Ein Mini-Städtetrip nach Vancouver wäre allerdings nicht dasselbe, wenn man ihn nicht direkt mit einem Spiel der Vancouver Canucks verbinden würde. Karten für das in der Rogers Arena residierende NHL-Team sind oft vor Ort (auf der Straße), mit Glück (während der Saison) bei Ticketmaster oder einfach via StubHub – dem US-Sport-Ticketportal schlechthin – zu erhalten.
Ps: Wer die Chance auf besondere / ausgefallene oder exklusive Tickets haben möchte, sollte zwingend StubHub benutzen und ein wenig Geduld mitbringen; wer suchet der findet.
Sehenswürdigkeiten hatte ich diesmal keine auf dem Plan, daher befand ich mich erst am frühen Nachmittag in Junkie-und-Homeless-City; ein persönlicher Spitzname, der das wirklich große Problem der Stadt leider exakt auf den Punkt bringt. Ich schlendere durch die hippen Viertel, wackele die Grainville Road rauf und runter, statte dem Rock-Shop einen Besuch ab, geniesse einen Five Guys Burger, lasse mir endlich im Barbershop meinen Rübezahl-Lookalike-Bart stutzen und betrachte am Hafen mal wieder gefühlt stundenlang das Treiben am Wasserflug(zeug)hafen. Herrlich.
Gegen 18.15 Uhr fand ich mich dann im Tempel der Canucks ein, lasse mich durch das Stadion treiben – welches sich für mich jedesmal als fußballstadiengewöhnten Europäer anfühlt wie Disneyland – sauge die bereits vorherrschende (PreSeason)NHL Luft ein (Ligabetrieb startet erst am 12. Oktober) und genieße erstmal ein Bier. Ist ja schließlich Urlaub und Eishockey.
Darauf suche ich meine Plätze auf und war völlig aus dem Häuschen, StubHub ich liebe dich – erste Reihe hinter der (wenn auch gegnerischen) Bank. Ich konnte das Eis riechen und den Unterhaltungen der Spieler lauschen. Oh what a night – obendrein wurden die vor mir aufgereihten Spieler der Calgary Flames mit einem 4:0 aus der Arena geschossen.
Am nächsten Morgen, war der Ruf nach Kaffee unüberhörbar und mir wahrscheinlich obendrein auch aus dem Gesicht abzulesen, lag doch mein Hotelzimmer der vergangenen Nacht direkt neben dem Ausgang der Gebäude-Klimaanlage. Trotz Ohrstöpsel war das mit der Ruhe die letzten Stunden nicht so einfach. Aber wofür gibt es das nur wenige Gehminuten entfernte Café Crêpe , in selbigem werden nicht nur sensationelle Crepes – und überhaupt Frühstück – sondern auch ein spitzenmässiger Cappuchino mit Double-Shot gerreicht. Ich trinke und kaue mir Energie zurück in den Körper.
Es folgt der nächste must-do-when-in-Vancouver Punkt auf meiner Liste, ein Stop samt kurzem Spaziergang in der stadteigenen Grünanlage namens Stanley Park. Dort gilt es, ein von mir perfektioniertes aber durchwegs strenges Regelwerk zu befolgen:
- Die Aussicht auf Vancouver und den Hafen genießen
- Mindestens bis zum „Girl in a wetsuit“ spazieren
- Hunderte von Fotos schießen
- Die Totempoles bewundern
- …und asiatische Touristen hassen.
Nachdem ich all diese Punkte mit Bravur gemeistert habe, entschließe ich mich spontan für eine Fahrt in den Nordosten der Stadt, genauer gesagt ins Lynn Valley. In diesem kleinen schnuckeligen Wohnviertel am Northshore befindet sich der Lynn Canyon mit samt seiner „Pools“ und einer weiteren typisch kanadischen Hängebrücke. Alle Touristenführer egal ob digitale, haptische oder gar lebende Exemplare sprechen hier von einem Geheimtipp; zuerst ist das Geheime an diesem Tipp nicht ersichtlich, aber dann… Am Parkplatz gibt es eine eiserne Regel, jeder Reisebus, der dort halten oder parken will, bezahlt für eine max. Parkzeit von 2 Std. 50$ Parkgebühr, was dazu führt, dass weit und breit kein Reisebus und somit auch keine asiatischen Selfiestick-Horden zu sehen sind. Daher auch mein mttlw. deutlich wenig geheimer Tipp: ein Ausflug zum Lynn Canyon inklusive der Mini-Wanderungen durch den kanadischen Regenwald zu den Twin Falls sowie den 30 Foot Pools ist wirklich lohnenswert.
Jetzt aber schnell wieder nach „Hause“, ab nach Whistler, das Kaminfeuer wartet und der einsetzende Regen, machen auch wenig Lust noch weiter durch die Wälder am Northshore zu streunen. Eins noch, wer sich ungefähr auf Höhe der 30 Foot Pools nach oben zum Parkplatz begibt, trifft dort auf den „End of the Line“ Generalstore; ein Wahnsinnsladen und einer der letzten Authentischen seiner Art – investiert hier für Mitbringsel aller Art euer Geld und nicht in den künstlichen Touri-Schuppen sonst wo.
Ich lausche Chill-FM und rolle den sea-to-sky-Highway entlang heimwärts, als ich kurz vor Squamish, genauer gesagt in Sichtweite des Shannon Falls Provincial Parks meinen Augen nicht traue. Die sonst „ganz okayen“ aber nicht weiter nennenswerten Shannon Falls strotzen nur so vor Wasser und zeigen allen Möchtegern-Wasserfällen heute mal, wie man das Wasserfall-Business richtig betreibt. Ein schier unglaubliches Schauspiel. Ich parke und muss näher ran. Ohrenbetäubender Lärm und Sicherheitspersonal (Watch your step, Sir!) empfängt mich ebenso, wie eine fast undurchdringliche Wand aus Gischt, die Shannon Falls wollen es heute wissen.
Ab und an, muss man eben zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein; komisch nur, daß hier immer irgendwo der richtige Ort zu sein scheint.
R