Von dem kleinen und mehr als überschaubaren Wüstenörtchen Page im äußersten Norden von Arizona werden bis dato wahrscheinlich die wenigstens von euch gehört haben. Zu Unrecht wie ich finde, denn auf einem klassischen Westküsten- bzw. Nationalpark-Roadtrip in den USA liegt Page strategisch bzw. fahrtechnisch äußerst günstig und eignet sich hervorragend als Zwischenstopp und Aufenthaltsort.
Egal aus welcher Richtung man entweder nach Page kommt, oder eben auch Page verlässt, es warten in – für US-Verhältnisse – nur kurze Fahrstrecken auf einen, um direkt am nächsten Naturschauspiel halten zu können. Der Grand Canyon, das Monument Valley, der Kodachrome Basin State Park sowie das Grand Stair Case Escalante National Monument sind mit jeweils einer ca. Fahrtzeit von max. 2 Stunden (ohne Pausen) problemlos zu erreichen.
Aber auch in Steinwurfweite des „Stadt“zentrums von Page befinden sich einige must-see-Punkte, dir ihr auf gar keinen Fall verpassen dürft und die ich euch hiermit dringend ans Herz legen möchte.
Horseshoe Bend
Der Horseshoe Bend – angeblich von den Einheimischen King Bend genannt – ist eine nahezu 360° umfassende Flußschleife des Colorado Rivers. Zu finden ist das Ganze relativ einfach und nur etwa 6 km südwestlich entfernt von Page – man fährt auf dem US Highway 89 einfach entgegengesetzt zum Glen Canyon Dam und stoppt dann auf dem gezeichneten (und niemals leeren) Parkplatz. Schnappt sich eine Wasserflasche sowie seine Kamera und wandert ca. 1,5 km über einen kleinen Sandhügel bis nach vorne zum „Aussichtspunkt“. Ab hier gilt es trotz allem Staunens Vorsicht halten zu lassen, denn es gibt hier keinerlei Absperrungen und sobald der Boden aufhört, geht es über 300m senkrecht in die Tiefe.
Manch Touristen kann man hier bei ihren Sperenzchen in FlipFlops gar nicht zusehen!!!
Ich habe vom Horseshoe Bend ca. 40 Fotos gemacht und musste mich bremsen nicht noch mehr zu knipsen… Warum ich dann hier nur satte 4 Stück zeige? Ganz einfach, letzten endes muss man feststellen – auch wenn der Fotowinkel immer anders ist – sie sehen doch alle irgendwie gleich aus. Wer aber schon einmal vor Ort war bzw. demnächst dort sein wird, weiß genau was ich meine. Und lieber ein Bild zu viel, als eins zu wenig.
Antelope Canyon
Das nächste große und ebenso beliebte Highlight um Page sind die Antelope Canyons. Diese befinden sich ca. 4-5 km entfernt im Umland des Städtchens; da diese begehbaren Canyons sich aber allesamt in der Navajo-Nation-Reservation befinden, darf man dort nur und ausschließlich in Begleitung eines Navajos hinein. Dies nutzen zahlreiche indianische Anbieter, um geführte Touren und Ausflüge zu „ihren Canyons“ anzubieten. Ich kann hier übrigens vorbehaltlos die Touren von Chief Tsosie empfehlen.
Aber nochmal kurz zurück zu den Slot Canyons selbst, etwas freistil-übersetzt, lässt sich dass Ganze in etwa mit dem deutschen Wort „Klamm“ bezeichnen und der grandiose Unterschied zu den restlichen Canyons in den USA ist, dass man diesmal nicht oben am Rand (Rim) entlang läuft, sondern am Boden des massiven Felseinschnitts.
Die Slot Canyons entstanden dadurch, dass sich über Jahrhunderte Wasser durch Sandstein gefressen, die Wände glatt poliert und die verrücktesten Formen und Skulpturen in den Fels gespült hat. Übrigens werden bis zum heutigen Tag alle Slot Canyons immer wieder Opfer von Sturzfluten und mehr – aber keine Angst, die Navajos passen hier auf, sobald es im Umkreis von 20 Meilen irgendwo regnet, werden alle Touren aus Sicherheitsgründen abgesagt.
Richtig bekannt geworden sind die Slot Canyons eigentlich durch die Fotografie-Szene, die diesen Ort schnell für sich entdeckte, denn zum einen ergibt das Licht- und Farbenspiel der Wände schon ein tolles Bild ab, zum anderen lassen sich aber auf den entstandenen Fotos Figuren und Szenarien erkennen, die das bloße Auge während der Tour nur schwer erfassen kann.
Das größte Highlight für die Foto-Profis allerdings ist die Mittagszeit, denn zu dieser Zeit steht die Sonne im perfekten Winkel zur Oberfläche der Canyons und sogenannte „Sun-Beams“ fallen in kuriosesten Winkel wie der Strahl eines Suchscheinwerfers durch deren Öffnung. Diese mittäglichen Führungszeiten sind aber
a) äußerst beliebt und auf Wochen im Vorhinein ausgebucht
b) noch teurer als die normalen Touren und
c) der Canyon ist zu dieser Zeit dann gestopft voll mit Foto-Verrückten UND Touristen.
Daher verzichte ich meist auf dieses Spektakel und lasse mich lieber von dem „normalen“ Ambiente der Klamm-Tour beeindruckend und habe dafür aber einigermaßen Ruhe und Platz.
Kleine Anekdote zu der diesjährigen Führung durch den Lower Antelope Canyon:
Unsere Gruppe bestand aus 10 Personen und 3 Nationen – Deutsche, Polen und Franzosen zu gleichen Teilen – plus unsere kleine äußerst resolute Navajo-Führer-Mami namens Irene. Sie pfiff uns von ihrem Jeep herunter, kommandierte uns durch den Canyon, veräppelte uns wegen unserer dilettantischen Kamerahandhabung und ließ keinen Moment aus, die gesamte Gruppe zu verarschen – dennoch eine herzensgute Squaw. Als wir den Canyon ca. 1 Std. später wieder in Richtung unserers Jeeps verliessen, kam uns bereits der nächste Führer samt seiner Gruppe – ca. 20 Asiaten – entgegen. Ich machte innerlich bereits 3 Kreuze, da meine Meinung von gruppenreisenden asiatischen Touristen nicht die Beste ist; da plärrte Irene dem Führer samt seiner Gruppe folgende Worte entgegen: „Look how beautiful my group is, and you, you got all the chopsticks – ha haa!“ Ich habe Tränen gelacht.Irene for Häuptling!
Lake Powell
Der Lake Powell ist wider Erwarten und ganz gegen sein optisches Erscheinungsbild ein künstlich angelegter Stausee, der z.B. für die Wässerung für von Las Vegas und anderen Städtchen verantwortlich ist. Des Weiteren ist der See aber – man höre und staune – DAS Freizeitangebot für ca. 30 Millionen Amerikaner, die in Tagesausflugsdistanz zum See leben. Eigentlich unvorstellbar, wenn man bedenkt, dass sich der See wie das Örtchen Page ja eigentlich mitten in der Wüste befinden. Aber das Visitor Center und die Broschüre des Nationalparks sprechen eine deutliche Sprache; apropo Nationalpark, hier wurde im letzten Jahr unglaublich nachgebessert, ausgebaut und erweitert. Neue Straßen, die Marina, eine Art künstliches Dorf und sogar ein Luxusresort am See-Ufer haben es in den Nationalpark und zwar zu deren naturschutzbedingten Konditionen geschafft – sieht auch wirklich schick und vor allem Landschaftsintegriert aus. Sehr fein.
Ansonsten bestimmen nach wie vor die typischen schwimmenden Rechtecke aka Hausboote das Bild des Lakes Powells. Die spanische Armada wäre neidisch gewesen um solch eine Schiffsflotte, die sich hier in den verschiedenen Häfen UND auf dem See tummeln. Wer sich solch ein Hausboot (diverseste Varianten möglich) mieten möchte, muss zwar tief in die Tasche greifen, bekommt dafür aber garantiert ein Boot mit Bar, Rutsche und Grill an Bord, denn dass gehört am Lake zur Grundausstattung. Alles andere ist dann aber Luxus.
Leider war das Wetter aufgrund einer aufkommenden massiven Wolkenfront etwas zweifelhaft, deshalb fiel die Entscheidung zur Bootsmiete negativ aus; denn wie gesagt „günstig ist anders“ – da will man sich den Bootstag nicht verregnen lassen.
Page oder ein Städtchen in the middle of nowhere; aber dennoch ein Stopp wert. Ich hoffe ich konnte euch überzeugen und mit hilfreichen Tipps versorgen. Ich persönlich werde bei der nächsten Reise mindestens 2-3 Tage dort verweilen, denn der Lake Powell muss befahren werden.
Ein Schiff wird kommen…
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